Freitag, 18. November 2016

Vorschau: Union Berlin - VfB Stuttgart

Gemeinsam mit Daniel, der bei Eiserne Ketten lesenswert über Union Berlin schreibt, blicken wir auf die Partie am Sonntag voraus.
Das Gegenstück findet sich hier.

Zwar zeigt die Vergangenheit, dass jedes Mal, wenn ich mit jemandem eine Spielvorschau mache, einer der beiden Trainer irgendwelchen verrückten Kram auspackt (siehe die 180°-Wende von Huub Stevens und Thomas Schaafs abgedrehtes 4-2-2-2) und das Ganze anschließend ziemlich hinfällig ist. Den Spaß, uns gegenseitig über Union und den VfB auszufragen und über mögliche Strategien gegen den jeweiligen Gegner nachzudenken, haben wir uns aber nicht nehmen lassen. Hier ist das, was dabei rausgekommen ist. Zuerst Daniels Antworten auf meine Fragen zu Union, danach ein kurzer Abriss von mir über mögliche Gegenmaßnahmen des VfB.

Wie spielt eigentlich Union?


Gibt es bestimmte Räume (oder Spieler), die im Offensivspiel besonders gesucht werden?


Wahrscheinliche Aufstellungen
"Union zeigte sich in dieser Hinsicht bisher unkonstant, oder zumindest wechselhaft. Man versuchte, das offensive zentrale Mittelfeld zu bespielen. Dazu zog Jens Keller etwa in einigen Spielen Steven Skrzybski vom Flügel auf die Zehn, während sich zuvor der Mittelstürmer regelmäßig in diesen Raum fallen ließ. Aber in den Spielen, in denen das nicht gelang, und die nicht von der starken Form eines der Offensivspieler geprägt wurden, verabschiedete man sich von diesem Prinzip und fokussierte stattdessen die Flügel - auch wenn das nicht einmal zu den eingesetzten Spielern passte, wie zuletzt gegen Düsseldorf und Kaiserslautern.

Ansonsten setzt Keller nicht unwesentlich auf Pressing und Gegenpressing. Obwohl beides oft in einem Atemzug genannt wird, ist es einigermaßen unterschiedlich und funktioniert auch verschieden gut. Während vor allem mit Collin Quaner hohes Angriffspressing erfolgreich war, ist das Gegenpressing weniger konstant und präsent."

Wer ist Unions Schlüsselspieler?


"Stephan Fürstner. Daran, wie gut es Fürstner gelingt, das Aufbauspiel mit dem Mittelfeld zu verbinden hängt, wie gut die Offensivreihe und Kroos und Kreilach ins Spiel kommen. Fällt er im Aufbau, wie zuletzt, zu früh, zu weit und zu lange nach hinten zurück, zerreisst die Union Mannschaft und findet keinen Weg, ihre anderen Stärken einzubinden."

Wie konterstark ist die Mannschaft?


"In der Liga spielten Konter für Union bisher nur eine untergeordnete Rolle - nicht zuletzt, weil man eher selten Gelegenheit dazu bekam. Das personell durchaus vorhandene Potential dazu deutete sich aber im Pokal gegen Dortmund an. Alle Offensivspieler haben in der zweiten Liga Geschwindigkeitsvorteile gegen viele Gegenspieler. Mit Fürstner, aber auch Schönheim und Leistner hat man Spieler in der Hintermannschaft, die Konter gut auslösen können. Interessant war außerdem, wie gegen den BVB oft bei Kontern nicht der direkteste, sondern ein eher bedachter Weg gewählt wurde, und so Konter langsamer, aber kontrollierter vorgetragen wurden. Ob das auf dieses Spiel übertragen werden kann, ist aber fraglich: einerseits wird Eroll Zejnullahu nicht (lange) spielen; andererseits bestand die Motivation dazu wohl auch in Angst vor teuren Ballverlusten im Gegenpressing."

Wie könnte Union auf die diagonal nach außen stoßenden Achter reagieren?


"Damit, in Schwierigkeiten zu kommen. Gerade im Anschluss an eigene Angriffe waren Flügel oft eher schwach abgesichert. Gerade die Sechser schieben selten auf den Flügel, um dort zu verteidigen. Außerdem kommt die Spielanlage der Außenverteidiger Stuttgarts Mechanismus unter Umständen entgegen, da sie auch von sich aus schon gern ins zweite Drittel schieben, mitunter auch gegen den Ball. Eine spezifische Anpassung könnte hier also erforderlich sein."

Gentners Läufe könnten Union vor Probleme stellen.

Und was macht der VfB?


Asymmetrisches 4-1-4-1-Pressing?


Man kann aus guten Gründen mutmaßen, dass der VfB taktisch zumindest ein wenig anders auftreten wird als in den letzten Spielen. Zum einen sind Gegner, die gerne auch mal durchs Zentrum angreifen in der Zweiten Liga eher die Ausnahme, weil Flügelangriffe allgemein weniger Risiko mit sich bringen. Hannes Wolf ist bisher durchaus mit Gegneranpassungen in Erscheinung getreten und wird sich womöglich etwas Besonderes einfallen lassen, um möglichen Zentrumsüberladungen mit Skrzybski und Kreilach vorzubeugen. Gleichzeitig dürfen Unions sehr offensive Außenverteidiger nicht aus den Augen gelassen werden. Hier mal in grafischer Form, wie eine typische Aufbausituation des Gegners aussehen könnte:

Möglicher Pressingansatz: Mannorientierungen gegen Kroos und Kreilach, Terodde mit Bogenläufen. Fraglich wäre hier die Rolle der Flügelstürmer.

Ähnlich wie gegen die Doppelsechs des KSC könnten Gentner und Zimmermann die gegnerischen Achter mannorientiert verteidigen und Fürstners Abkippen an Terodde übergeben. Der würde dann versuchen, die Aufbaudreierkette mit Bogenläufen nach außen zu leiten und den Vertikalpass zu provozieren. Hosogai könnte sich dann voll und ganz auf das Einrücken von Skrzybski oder Redondo konzentrieren und bei langen Bällen auf Quaner unterstützen und die Räume um ihn herum zuschieben.

Offen bliebe, wie sich dann die Flügelspieler bewegen. Laufen sie die Innenverteidiger an, könnten sie überspielt werden und die Flügel wären offen. Lassen sie sich zurückfallen, um die Außenverteidiger zu verfolgen, bekommen die Innenverteidiger zu viele Freiheiten. Oder sollen sie einrücken und gegen die Überladungen helfen? Eine Idee wäre, dieses Problem mit einer Asymmetrie zu lösen, wobei zum Beispiel der Rechtsaußen höher spielt und Schönheim anläuft, während der Linksaußen tiefer spielt und die Passwege auf Skrzybski verstellt. Insua könnte dann den vorstoßenden Trimmel aufnehmen und Terodde würde zwischen Fürstner und Leistner pendeln.

Hosogai-Effekt muss wohl noch warten


Generell ist Hosogais Rückkehr ins Team nicht nur gegen den Ball ein Gewinn, sondern könnte auch Auswirkungen auf das Offensivspiel haben. Das Aufbauspiel könnte man mit einem strategisch begabten Sechser ein wenig homogener und weniger direkt gestalten, so ähnlich wie es bereits gegen Fürth erfolgreich gemacht wurde. Andererseits wäre ein Spiel gegen einen pressingstarken Gegner vielleicht nicht unbedingt der richtige Zeitpunkt für eine solche Kehrtwende. Lange Bälle auf den Flügel dürften schließlich eh ein ganz brauchbares Mittel gegen Union zu sein.

Das Problem daran ist, dass mit Flügelfokus und langen Bällen normalerweise nicht die ganz große Effektivität möglich ist. In den letzten Spielen profitierte der VfB oft von frühen Führungen und schoss viele Tore nach Flanken, die eigentlich schwierig zu verwerten waren. Nach Expected Goals war der Gegner häufig gleichauf (z.B. Bielefeld und Karlsruhe). Langfristig wird der VfB die Metrik wohl eher nicht übertreffen können. Wenn diese Effizienz erst einmal ausbleibt und das Spiel lange ausgeglichen ist, könnten Unions hohes Pressing und die offensiven Möglichkeiten, die sie haben, sehr unangenehm werden. Schauen wir mal, was der Spielverlauf diesmal so bereithält.

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